Was ist Rheuma?
In Deutschland leiden etwa 2 Millionen Menschen an entzündlich rheumatischen Erkrankungen.
Diese Erkrankungen müssen von anderen Erkrankungen, die gelegentlich genau die selben Beschwerden verursachen können, abgegrenzt werden. Meine Aufgabe ist dabei die Unterscheidung zwischen entzündlich rheumatischen Erkrankungen und nicht entzündlichen Gelenkerkrankungen. Die Letzteren werden in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern, traditionell nicht von Rheumatologen behandelt. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass es hierzulande viel zu wenig Rheumatologen gibt.
Die sicher häufigste Gruppe rheumatischer Erkrankungen stellt die Rheumatoide Arthritis (früher primär chronische Polyarthritis) dar, die nahezu 1% der Bevölkerung betrifft. Häufig stehen Schmerzen und Schwellungen der Gelenke mit einer typischen Morgensteifigkeit über teilweise bis zu mehreren Stunden im Vordergrund. Ohne Therapie kann die Erkrankung die Gelenke irreversibel zerstören, doch zum Glück kann dies heute durch die zur Verfügung stehenden Medikamente in den meisten Fällen verhindert werden. Bei schweren Verläufen ist auch eine Beteiligung der Lunge, der Augen, der Haut sowie des Nervensystems möglich.
Gerade im hohen Alter tritt recht häufig die Polymyalgia Rheumatica auf, die sich meist durch plötzliche Schmerzen im Bereich des Schulter- und Hüftgürtels bemerkbar macht. Die Entzündungswerte sind im Labor nahezu immer erhöht. Ein Auftreten dieser Erkrankung unter dem 50. Lebensjahr ist selten. In nahezu 20% der Fälle tritt eine Entzündung der großen Blutgefäße (Vaskulitis) hinzu, welche schwere Komplikationen machen kann. Daher ist eine sorgfältige Überwachung erforderlich.
Eine weitere Gruppe stellen die sog. Spondyloarthritiden dar, die meist bereits im jungen Erwachsenenalter auftreten. Gemeinsam ist dieser Gruppe eine mögliche Beteiligung der Wirbelsäule, die sich durch sog. entzündliche Rückenschmerzen ausdrückt. Zu dieser Gruppe gehört auch die Psoriasisarthritis, die nahezu 25% der Patienten mit einer Hautpsoriasis (Schuppenflechte) betrifft. Auch bei dieser Gruppe von Erkrankungen gibt es eine Beteiligung von inneren Organen wie des Darms, der Augen, des Herzens, der Blutgefäße und der Haut.
Besonders bei den Kollagenosen tritt neben einer Gelenkentzündung recht häufig eine Organbeteiligung auf. Betroffen sein können die Haut, die Augen, die Lunge, das Herz, die Nieren, das zentrale Nervensystem, die Muskeln, die Nerven sowie die Blutgefäße. Zu den Kollagenosen zählen der Systemische Lupus erythematodes, das Sjögren Syndrom, die Myositiden, die Sklerodermie und die Mischkollagenose.
Besonders schwere Verläufe sind bei den Vaskulitiden zu finden, die am häufigsten eine Organbeteiligung wie bei den Kollagenosen verursachen können. Bei diesen Erkrankungen ist meist bei Diagnosestellung eine rasche Diagnosesicherung und ein rascher Therapiebeginn erforderlich, sodass die meisten Patienten zu Beginn stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Zu diesen zählen die Granulomatose mit Polyangiitis (früher Morbus Wegener), die mikroskopische Polyangiitis, die eosionphile Granulomatose mit Polyangiitis (früher Churg Strauss Syndrom), die Panarteriitis nodosa, die Takayasu-Arteritiis, die Riesenzellarteriitis, die Purpura Schoenlein Hennoch sowie weitere, eher seltenere Krankheitsbilder.
Weitere rheumatische Erkrankungen sind die Sarkoidose, die Gicht, erworbene Immundefekte, Fiebersyndrome, der Morbus Behcet, die rezidivierende Polychondritis sowie weitere.
Im Gegensatz dazu stehen die große Gruppe der degenerativen Erkrankungen (Arthrosen), die ebenfalls den gesamten Bewegungsapparat betreffen und Schmerzen verursachen können. Häufig befallen sind die Kniegelenke, die Hüftgelenke sowie auch die Fingergelenke. Eine Entzündung liegt in der Regel dabei aber nicht vor.
Darüber hinaus sind chronische Schmerzsyndrome wie etwa das Fibromyalgiesyndrom („Weichteilrheuma“) häufige Erkrankungen. Auch bei diesen Erkrankungen findet sich keine Entzündung. Sie zählen daher auch nicht zu den rheumatischen Erkrankungen im eigentlichen Sinne.